Inklusion, ein schönes Wort. Und es wird auch allenthalben diskutiert. Es gibt runde Tische und Arbeitsgruppen, vollmundige Absichtserklärungen und vielfältige umfassende Konzepte.
Aber: ist dies schon inklusives Denken? Immer, wenn wir darüber nachdenken, wie wir Inklusion für behinderte Menschen erreichen können, haben wir eigentlich den inklusiven Gedanken schon verlassen.
Wir grenzen uns ab. Und legen damit schon wieder Rollen fest.
Und seien wir ehrlich: Nicht die Philosophie macht die Inklusion, sondern das tägliche Handeln und Denken. Schon die Definition" der*die Behinderte" grenzt aus.
Denn nicht der Mensch ist behindert, vielmehr wird er auf Grund seiner verfügbaren Ressourcen im gesellschaftlichen Kontext daran gehindert, seine Möglichkeiten umzusetzen und alle gesellschaftlichen Bereiche für sich nutzbar zu machen.
Zugegeben, echte Inklusion ist ein Ideal, das wir vielleicht nie erreichen, weil die menschliche Natur sich das Ab- und Ausgrenzen zu Eigen gemacht hat und eher die Unterschiede betont als mögliche Gemeinsamkeiten.
Aber das heißt nicht, dass wir nicht versuchen können, uns dem Ideal anzunähern, auch wenn wir noch weit davon entfernt sind, dieses Ideal zu erreichen.
Gesetze und Regelungen
Nehmen wir nur einmal Gesetze, Verordnungen oder sonstige behördliche Regelungen. In der Vergangenheit haben wir ja schon einschlägige Erfahrungen gemacht, wie schwer es ist, Verwaltungshandeln mit gesetzlichen Grundlagen (z.B. der Gleichberechtigung von Mann und Frau) in Einklang zu bringen. (Wer erinnert sich nicht an die Formulare zur Steuererklärung mit den beiden Rubriken: Steuerpflichtiger und Ehefrau…)
Auch die Gesetze und Regelungen im Bereich der Eingliederungshilfe haben Stolperfallen.
Manche dieser Regelungen stammen aus einer Zeit, in der Behörden ausschließlich dem Gedanken des hoheitlichen (und ordnungspolizeilichen) Handelns Raum gaben.
Es ist interessant, diese vielen großen und kleinen Regelungen einmal dahingehend zu durchforsten, wo und in welcher Weise verwaltungsmäßig Dinge vorgegeben werden, die eigentlich zur Entscheidungskompetenz des Einzelnen gehören und trotzdem eingeschränkt werden.
Am deutlichsten wird dies bei der Handhabung des persönlichen Budgets, für das einige Behörden Vorgaben machen, die im Gesetz nicht vorgesehen sind, aber auch beispielsweise an Regelungen ambulanter Unterstützungshilfen, wenn von Amts wegen vorgegeben wird, wie die Antragstellenden wohnen sollen/dürfen.
Es wäre doch lehrreich, sich diese Texte einmal gezielt anzusehen und dort zu verändern, wo sie dem Gedanken der Inklusion nicht entsprechen. Und es wäre für uns professionell Tätige interessant, im beruflichen (und privaten) Alltag einmal genauer hinzusehen, wo wir ganz persönlich gegen den Gedanken der Inklusion handeln, sei es durch negative oder scheinbar positive Reaktionen, wenn wir z.B. ausschließlich auf Grund einer evtl. Besonderheit der Person nicht von jedem Gegenüber eine angemessene Verantwortung einfordern, sondern sein Handeln mit Hinweis auf eine "Behinderung" nicht ernst nehmen, (selbstverständlich unter Berücksichtigung vorübergehender krisenmäßiger Ausnahmesituationen...).
Fangen wir einfach einmal an, Situationen ehrlich zu hinterfragen, in denen wir unterschiedliche Bewertungen hinsichtlich der jeweils handelnden Person anwenden.
Vielleicht kommen wir dem Gedanken der Inklusion dann etwas näher.
Und es ist vermutlich lehrreicher als viele "runde Tische" zu diesem Thema.